Intelligenz von Vogelspinnen

[Nox3]

Hallo zusammen.

Ich halte schon seit einigen Jahren Vogelspinnen, darunter auch eine ganz kleine Lasiodora parahybana, ca. 1,5 cm groß. Ich halte sie in einer Heimchenbox und hab ihr eben ein Heinchen gegeben. Sie hat sich auch direkt draufgestürzt. Als ich den Deckel allerdings wieder draufgetan habe hat sie sich erschreckt, hat das Heimchen losgelassen und ist verschwunden (soweit das eben geht ). Nach ner Minute sah ich sie dann aber wieder am Heimchen rumkauen. Und nun stellt sich mir die Frage, hat die Spinne sich daran erinnert, wo sie das Heimchen liegengelassen hat oder ist sie durch "Zufall" wieder draufgestoßen und hat es als neue Beute erkannt?
Weiß da jemand was über die kognitiven Fähigkeiten von Vogelspinnen?

Schönen Gruß

 

[rennsauRO]

Die Frage hab ich mir auch schon öfter gestellt. Ich habe schon beobachtet, dass vor allem Slings auch mal Freßpausen machen (ist manchmal schwer einzuschätzen das Größenverhältnis Spinnchen zu Leckerli). Hab letztens bei meiner Miniirminia vorm Schlafengehen gesehen, dass sie nen beachtlichen Teil der Grille liegengelassen hat. Tags drauf wollte ich das Teil rausfischen, habs aber nicht mehr gefunden, nur nen fetten Irmisling*gg*

 

[DAanDASja]

Moin

Mal etwas Allgemeines:
Man geht davon aus, dass Spinnen sich zur Orientierung (neben vielen anderen Tierarten) der sogenannten path integration (zu deutsch etwa: Pfadintegration) bedienen.
Dieses Modell besagt, dass die Spinne, ausgehend von einem beliebigen Startpunkt in der Lage ist, während ihrer Spaziergänge stets den direkten Weg zurück zum Startpunkt
zu kennen, ganz egal wie ausschweifend ihre Route ist.
Zudem soll sie fähig sein, sogenannte Landmarks zu erstellen und zu speichern, also Markierungen, die an gewisse Orte gebunden sind.
Sprich, sie merkt sich diese Orte und kann direkt zu diesen zurückkehren, wie in deinem Fall z.b. das Heimchen.

Demnach handelt es sich bei dir nicht um einen Zufall, um deine Frage zu beanworten.

Zu der ganzen Thematik gibts viel interessanten Lesestoff (siehe z.b. hier).
Habe das Modell im Rahmen einer kleinen Arbeit auch mal anhand der Wüstenameise Cataglyphis fortis simuliert.

lg,
DAan

 

[Jeany]

Ich glaube hier schon mal was in der Art gelesen zu haben. Das ging es ursprünglich um das Anfassen der Spinnen und jemand hatte da einen Link, wo obiges beschrieben war. Aber ich finds grad nicht wieder.

Andrea

 

[Wildlife1]

Hallo,
ich denke auch, dass sich Spinnen bestimmte Dinge "merken" können bzw. "lernen". Warum eigentlich nicht. Sie sind doch keine primitiven Tierarten (wie Amöben oder dgl.). In dem Buch von Günter Schmidt "Die Vogelspinnen" ist von zentralnervösen Leistungen die Rede, die für Wirbellose recht erstaunlich sein können. Dort werden VS Gedächtnisleistungen und Lernen zugesprochen.
Als meine G.pulchra das erste mal eine Grille nur tot gemacht und nicht gefressen hatte, hatte ich sie am nächsten Tag entfernt. Sie hatte die Grille in einer Pflanze abgelegt. Ich war der Meinung, dass sie die Grille nicht fressen will und sie nur getötet hat, weil sie vielleicht "nervte".
Nach geraumer Zeit bot ich ihr wieder eine Grille an (da keine Häutung stattfand). Diesmal tötete sie sie wieder nur, aber legte sie nicht so weit von ihrer Höhle weg, sondern fast an den Eingang. Ok, diesmal ließ ich die Grille liegen. Die Spinne fraß aber wieder nicht, sondern kam ab und zu aus der Höhle und taste ab, ob die Grille noch da liegt. Irgendwann dann (Stunden später) trug sie die Grille weg und fraß sie.

Es kommt ja auch vor, dass manche Spinnen ihr Futter erst einspinnen und viel später erst fressen. Manche bieten ihren Spinnen z. B. gleich 3 Futtertiere auf einmal an. Wenn die Spinne Hunger hat, dann fängt sie alle 3 nacheinander und spinnt sie ein. Und frißt dann auch eine nach der anderen. Sie weiß demnach auch wieviele sie gefangen und eingesponnen hat und wo sie liegen.

Sie behält den Überblick

Grüße, Karola

 

[rennsauRO]

Wie hat das aber meine Irmi gecheckt mit ihrer Grille, die sie am Deckel klebend angefangen hat zu fressen und dann einfach fallen lies? Also MUSS da doch mehr sein als "Schrittezählen" und eine einfache Form von Gewöhnung an bestimmte Situationen. Ich sprechen den VS jetzt keine vergleichbare intelligenz zu, wie sie bei hochentwickelten Säugetieren zu finden ist, aber auf alle Fälle mehr, als bisher im Allgemeinen vermutet wird. Die werden ja nicht umsonst ein paar Millionen Jahre "überlebt" haben.

 

[BenM]

@ jeany.. meintest du das??

Einzelspaltensinnesorgan

Zur Orientierung verfügt die Spinne über ein sehr komplex aufgebautes System aus Propriorezeptoren. Diese Rezeptoren sind über die gesamte Spinne verteilt und registrieren jede noch so kleine "Verbiegung" des Außenskeletts. Mit ca. 3000 Spaltsinnesorganen, entsteht so im Gehirn der Spinne ein genauer Film über die Bewegungen der Beine. Um den gegangenen Weg zurückzufinden spult sie den Film "einfach" rückwärts ab. Diese Orientierung funktioniert natürlich nur solange, wie die Position der Spinne nicht verändert wird, wenn wir das Tier also anheben und 30cm entfernt wieder absetzen, sind alle gespeicherten Informationen nutzlos, und die Spinne orientierungslos. Diese Zellen bestehen zwei Chitinwülsten die außen und innen durch eine Membran geschlossen werden, an jeder dieser Membranen setzt an der empfindlichsten Stelle ein Dendrit an, diese Sinnesorgane sind so fein, das sie auf eine Deformation um wenige Atomdurchmesser(!) reagieren.

gruß, Ben

 

[Jeany]

Ja, genau das meinte ich.

Das erklärt doch, warum sie das zurück gelassene Heimchen wieder findet. Solange man sie nicht an einen anderen Platz setzt, ist es wie ein roter Faden für die Spinne.

 

[Nox3]

Hallo.

Danke Euch für die vielen Antworten, wirklich sehr interessant, besonders die Sache mit dem Einzelspaltensinnesorgan. Ganz erstaunlich worüber die Tiere so verfügen.

Schönen Gruß