Hallo,
bezüglich des hier genannten Sachverhalt, nämlich der Beschreibung von
Ornithoctonus aureotibialis und
Haplopelma longipes sowie der in vorliegender Publikation getätigten Erklärung der Ungültigkeit durch von Wirth & Striffler in Bezug auf die Arten "Haplopelma chrysothrix" Schmidt & Samm sowie "Haplopelma vonwirthi" Schmidt, gibt es nun eine neue Publikation von Schmidt, die ich hier kurz kommentieren möchte.
Bei "Haplopelma chrysothrix" wie auch "Haplopelma vonwirthi" hatte Schmidt "vergessen" den Hinterlegungsort des Typusmaterials zu benennen, was im Sinne der Nomenklaturregeln dazu führt, das die beschriebenen Arten nicht gültig und die Artnamen nicht verfügbar sind. Dies wurde durch die Publikation durch von Wirth & Striffler öffentlich erklärt. Da wir im Vorfeld vermuteten, dass Schmidt dies nicht unkommentiert lassen würde, haben wir uns vor der Veröffentlichung an die Nomenklaturkommission gewandt. Diese bestätigte den auch in den Nomenklaturregeln eindeutigen Sachverhalt, dass eine Art nicht gültig ist, wenn der Hinterlegungsort des Typusmaterials fehlt.
Nach der Publikation unserer Arbeit erschien zunächst in "Tarantulas of the World" (TOW) Nr. 110 ein kurzer Hinweis von Schmidt, dass
"... in Fachkreisen bekannt ist, daß alle von mir publizierten Vogelspinnenarten im Senckenbergmuseum, Frankfurt M., deponiert werden." Aus diesem Grunde wurde also auf die Benennung des Hinterlegungsortes der Typusexemplare verzichtet. Allerdings sind in den Nomenklaturregeln keine Ausnahmeregelung zugelassen, denn in Artikel 16.4.2. heißt es eindeutig: "
Jeder nach 1999 veröffentlichte neue Art- und Unterartname [...]
muss in der Originalveröffentlichung enthalten [...]
im Falle rezenter Exemplare eine Aussage über die Absicht, in welcher Sammlung der Holotypus oder die Syntypen hinterlegt sind (oder werden), einhergehend mit einem Hinweis auf die Bezeichnung und den Aufbewahrungsort der betreffenden Sammlung (s. Empfehlung 16C)."
Hieraus geht also
eindeutig hervor, dass der Hinterlegungsort des Typusmaterials
in der Origianlveröffentlichung genannt werden
muss, und zwar ohne Ausnahme, denn man kann wohl nicht voraussetzen, dass die Kollegen wissen, dass Schmidt quasi "traditionell" seine Typen immer im Senckenbergmuseum hinterlegt hat, weil er das nämlich - entgegen seiner Aussage
"... daß alle von mir publizierten Vogelspinnenarten im Senckenbergmuseum, Frankfurt M., deponiert werden." - nicht immer tat, so z.B. nicht bei
Acanthoscurria altmanni (Typus in Wien) (heute
Acanthoscurria chacoana Brethès 1909) oder
Stenotarsus scissistylus (Typus in Paris) [heute
Neostenotarsus guianensis (Caporiacco 1954)] oder
Thrixopelma cyaneum (Typus in Basel).
Bei zukünftigen Revisionen kann ein Fehlen der Angabe des Hinterlegungsorts zu großen Problemen führen. Schon heute wendet man bei der Revision einer Gattung viel Zeit mit der Suche nach dem Typusmaterial von gerade einmal 50 Jahre altem Material auf, ganz zu schweigen von mehr als 100 bis 150 Jahre altem Material. Denn damals war es nicht Pflicht zu erwähnen, wo man den Typus deponierte und heute weiß leider niemand mehr wo das Material deponiert wurde.
Da die Nomenklaturkommission bereits vor unserer Publikation über den Sachverhalt informiert wurde und eine Entscheidung diesbezüglich gefällt hat, ist eine weitere Diskussion über die Verfügbarkeit der Namen "Haplopelma chrysothrix" und "Haplopelma vonwirthi" entbehrlich, denn nach der Nomenklaturkommission sind beide Namen nicht verfügbar, also praktisch niemals beschrieben worden. Eine Anfechtung des Sachverhalts durch Schmidt ist also vollkommen unnötig.
Dieser Sachverhalt scheint auch Schmidt bewusst zu sein, denn in einer neuen Publikation versucht er die beiden Arten
Ornithoctonus aureotibialis und
Haplopelma longipes auf anderem Wege für ungültig zu erklären. In der aktuellen Ausgabe von TOW (Nr. 111) behauptet er, dass eine vollstädnige August-Ausgabe der ARTHROPODA 13(2) 2005 wohl gar nicht in gedruckter Version sondern nur im Internet als PDF erschienen sei. Er begründet dies mit der folgenden Feststellung: "
Eine Anfrage an den Herausgeber dieser Zeitschrift, FRITZSCHE, wann das betr. Heft mit dieser Arbeit ausgeliefert wurde, blieb unbeantwortet. Im November bekam SCHMIDT von verschiedenen Seiten Kopien dieser Arbeit aus "Arthropoda" 13 (2), bei denen allerdings die Seite 23 verschlüsselt gedruckt worden war. Alle Bemühungen, eine vollständige Arbeit zu bekommen, scheiterten bisher, so dass davon auszugehen ist, dass sie noch gar nicht gedruckt worden ist."
Da also "
Alle Bemühungen" eine vollständige Arbeit zu bekommen "
scheiterten", geht Schmidt also wohl automatisch davon aus, dass wohl nur eine elektronische Version der Arbeit von von Wirth & Striffler vorliegt.
An dieser Stelle sei der Hinweis gegeben, dass von Wirth & Striffler eine größere Anzahl an
korrekt gedruckten Sonderexemlaren, sog. Separata, der betroffenen Arbeit aus der August-Ausgabe der ARTHROPODA 13 (2) im September 2005 erhalten haben. Dies ist bei wissenschaftlichen Publikationen üblich, für den Fall, dass jemand um eine Druckversion dieser Publikation nachfragt. Bislang ist aber keine Anfrage von Schmidt zum Erhalt eines solchen Sonderdruckexemplars bei den Autoren eingegangen, obwohl dies der übliche Weg zum Erhalt eines Separata ist. Mit diesem Hintergrund ist die Bemerkung von Schmidt "
Alle Bemühungen, eine vollständige Arbeit zu bekommen, scheiterten bisher, ..." wohl als äußerst fragwürdig anzusehen.
Nach Meinung von Schmidt liegt wohl also ein Verstoß der Autoren von Wirth & Striffler gegen die Nomenklaturregeln (Artikel 9.8.) vor, der besagt:
"... Ungeachtet der Vorschriften von Artikel 8 bewirkt keine der folgenden Vorgehensweisen Veröffentlichung im Sinne der Regeln: 9.8. Text oder Illustrationen, die auf elektronischem Wege verbreitet worden sind (z.B. mittels des World Wide Web;...". Gäbe es tatsächlich nur eine elektronische Ausfertigung der Publikation von von Wirth & Striffler im World Wide Web, so hätte Schmidt durchaus Recht, wenn er behauptet im Sinne der Nomenklaturregeln wäre die Beschreibung von von Wirth & Striffler dann nicht gültig. Da die ARTHROPODA aber eine klassische, gedruckte Zeitschrift ist, die seit nunmehr 13 Jahren regelmäßig erscheint, gibt es natürlich auch eine Druckversion dieser August-Ausgabe 13 (2), die im September 2005 sowohl bei den Abonnenten, wie auch dem
Zoological Record einging, wodurch also kein Verstoß gegen Artikel 9.8 vorliegt und die Arbeit von von Wirth & Striffler ihre Gültigkeit behält.
Auf Nachfrage teilte übrigens der Herausgeber der ARTHROPODA, Herr Fritzsche, mit, dass er bislang
keine Anfrage von Schmidt bezüglich der Druckversion und dem Erscheinen der August-Ausgabe der ARTHROPODA 13 (2) 2005 vorliegen hat.
Im Folgenden möchte ich noch kurz erklären, was es mit der von Schmidt erwähnten "
verschlüsselten" Seite 23 in der Arbeit von von Wirth & Striffler auf sich hat. Es handelt sich schlichtweg um einen Druckfehler, der nur bei zahlreichen
gedruckten Versionen der ARTHROPODA auftrat. Anstelle der Buchstaben finden sich auf dieser Seite zahlreiche Kästchen. Dieser Fehldruck befindet sich aber nur bei einigen gedruckten Exemplaren. Die im Internet verfügbare Version des Artikels von von Wirth & Striffler ist dagegen völlig in Ordnung. Nachdem dieser Druckfehler festgestellt wurde, der im übrigen die nomenklaturische Gültigkeit der Beschreibung in keinster Weise tangiert, da "nur" die "Diskussion" betroffen ist, wurde zunächst von Seiten der ARTHROPODA Verantwortlichen die weitere Auslieferung dieser fehlerhaften Exemplare gestoppt um erstmal mit der Druckerei über das weitere Vorgehen zu beraten - was nichts daran ändert, dass diese August-Ausgabe der ARTHROPODA 13 (2) 2005 durch die Teilauslieferung im September zugänglich gemacht / veröffentlicht wurde und somit im Sinne der Nomenklaturregeln als publiziert gilt. Es hätte ja z.B. sein können, dass die Druckerei die fehlerhaften Exemplare zurück haben möchte und dafür noch mal alles komplett neu druckt. Nach einigem Hin und Her wurde entschieden die Auslieferung der fehlerhaften ARTHROPODA Exemplare fortzusetzen, da die Druckerei in der nächsten Ausgabe der ARTHROPODA (die gerade vorbereitet wird) diese Fehlerhafte Seite 23 möglicherweise als "Aufkleber" nachliefern wird, so das jeder ARTHROPODA Leser diesen "Aufkleber" ggf. in seinem Exemplar auf die fehlerhafte Seite 23 in der August-Ausgabe der ARTHROPODA 13 (2) 2005 aufkleben kann. Dies erklärt die Verzögerung zwischen den früh ausgelieferten Sonderdrucken für die Autoren (Anfang September) und den etwas später ausgelieferten Heften für die "normalen" ARTHROPODA Abonnenten am 25.09.2005. Geführt wird diese Ausgabe der ARTHROPODA, laut Eingangsbestätigung des
Zoological Record , als August-Ausgabe Jahrgang 13, Heft 2 im Jahr 2005. Erschienen ist die gedruckte Version der ARTHROPODA nachweislich Anfang September. Eingegangen ist die Beschreibung von
Ornithoctonus aureotibialis und
Haplopelma longipes bei der Redaktion der ARTHROPODA am 30.07.2005, akzeptiert wurde sie am 17.08.2005. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass die September-Ausgabe des TOW (Nr. 109), in der Schmidt seinen ersten kurzen Kommentar zum vorliegenden Sachverhalt geäußert hat, mit Poststempel vom 10.10.2005 ausgeliefert wurde, also sogar deutlich später als die Duckversion der ARTHROPODA 13 (2) 2005.
Aufgrund der Druckversion der ARTHROPODA 13 (2) 2005, gibt es demnach auch in diesem Sachverhalt keinen Zweifel über die Gültigkeit der Beschreibung der Arten
Ornithoctonus aureotibialis und
Haplopelma longipes durch von Wirth & Striffler. Zum Zeitpunkt der Beschreibung von
Ornithoctonus aureotibialis und
Haplopelma longipes waren die von Schmidt beschriebenen "Haplopelma chrysothrix" sowie "Haplopelma vonwirthi" nomenklaturisch ungültig und nicht verfügbar. Die Frage ob
Ornithoctonus aureotibialis Priorität gegenüber "Haplopelma chrysothrix" hat, ist hinfällig, da nach Auskunft der Nomenklaturkommission "Haplopelma chrysothrix" nicht verfügbar ist, also nicht berücksichtigt werden muss, da er nach den Nomenklaturregeln als nie beschrieben gilt. Auch eine nachträgliche Angabe des Hinterlegungsortes macht den Namen nicht verfügbar, denn der Name existiert nicht. Hier müsste Schmidt, dem Wortlaut von § 16.4.2 ICZN folgend, wohl eine komplette Neubeschreibung der Art leisten, in der zudem ein neuer Name eingeführt würde. Demnach reicht es wohl auch nicht, wie im Falle von "Thrixopelma cyaneum" bzw. "Thrixopelma cyaneolum" einen neuen Namen einzuführen, den Hinterlegungsort des Typenmaterial anzugeben und auf eine frühere Publikation zu verweisen.
Auch wenn die Ungültigkeit der von Schmidt ohne Hinterlegungsort der Typen beschriebenen Arten erneut von der Nomenklaturkommission bestätigt wurde, ist es m.E. unwahrscheinlich, dass dies von Schmidt anerkannt werden wird. Ebenso wird Schmidt meiner Meinung nach wahrscheinlich weiterhin
Ornithoctonus aureotibialis von Wirth & Striffler 2005 und
Haplopelma longipes von Wirth & Striffler 2005 nicht anerkennen, auch wenn diese Namen gültig sind.
Viele Grüße, Volker