Verletzter bzw. abgerissener Tarsus Avicularia avicularia

[Wotan_88]

Hallo Zusammen,

bevor ihr mich nun steinigt: Ja ich weiß was die meisten hier von Exo Terra halten - inzwischen sehe ich das auch so.

Nach langem Überlegen habe ich mich für ein Exo Terra 30x30x45 für einen noch nicht vorhandenen Baumbewohner entschieden. Gestern war ich auf der Reptilienbörse in Ravensburg und habe mich direkt in ein adultes Avicularia avicularia Weibchen verliebt :inlove: Zu Hause das Tier also behutsam in das vorbereitete Exo Terra umgesetzt und brav eine Stunde lang beobachtet. Das Tier hat sich zunächst langsam umgeschaut und sich dann direkt an die Gaze gesetzt. Am Abend bin ich dann mit meiner Freundin beim Essen gewesen, ca. 1,5 Stunden. Als wir dann wieder in das Terrarium geschaut haben, kam es, wie es wohl kommen musste:



Das Tier hatte sich wohl in der Gaze verfangen und dann selbstständig davon befreit und dabei wohl einen Tarsus abgerissen. Das Tier saß so an der Scheibe als wir zurück kamen. Gegen später hat es putz munter angefangen ein Wohngespinst zu spinnen.

Mal davon abgesehen, dass mir wahrscheinlich nun jeder rät, das Tier in ein anderes Terra zu setzen: Was sollte ich sonst noch tun? Muss das Tier in irgendeiner Weise behandelt werden? Sollte ich alles so lassen wie es ist und einfach die nächste Häutung abwarten?

Ich bin über jede Antwort dankbar!

Viele Grüße
Kevin

 

[Starke1]

bei der nächsten vielleicht auch erst bei der übernächsten wird sie wieder ganz regeneriert sein also keep cool kevin

 

[Wotan_88]

Hi Starke,

erst mal vielen Dank für deine Antwort. Auf der Seite Vogelspinnen Verletzungen, Krankheiten habe ich folgenden Absatz gefunden:

[SIZE=+1]Verletzungen der Beine und Taster[/SIZE]
Dabei handelt es sich in der Regel um Brüche des Chitinpanzers. Durch die offenen Stellen tritt Blut aus. Da an der verletzten Stellen die alte Haut möglicherweise hängen bleibt, kann dadurch die nächste Häutung der Spinne beeinträchtigt werden.
Behandlung: Vogelspinnen sind in der Lage, wie viele andere Spinnen, Insekten und Echsen, ihre Gliedmaßen abzuwerfen.
Dafür haben die Tiere sogenannte "Sollbruchstellen". Bei den Vogelspinnen befinden sich diese Sollbruchstellen jeweils zwischen Trochanter (2. Beinglied) und Femur (3. Beinglied).
Um die Vogelspinne zum Abwerfen eines verletzten Beines zu bringen, greifen Sie sie mit einer Pinzette am Femur und ziehen oder quetschen fest daran.
Problemlos wird die Vogelspinne daraufhin das verletzte Bein abwerfen. Bei der nächsten Häutung wird es durch ein zunächst kürzeres, aber voll funktionsfähiges Bein ersetzt, das nach etwa 4 weiteren Häutungen nicht mehr von den anderen zu unterscheiden ist.

Sollte ich das machen?

Viele Grüße
Kevin

 

[Starke1]

damit wäre ich vorsichtig hört sich nicht gerade leicht an ich selbst hatte so einen fall bisher noch nicht ... hast du vielleicht einen ansprech partner der das machen kann und die nötige erfahrung hat ?

 

[Wotan_88]

Nein, leider kenne ich niemanden in meiner Nähe ... desalb habe ich darauf gehofft, hier eine entsprechende Antwort zu bekommen.

Gruß
Kevin

 

[Blacksaidwhite]

Blutet sie denn? Andernfalls würde ich nicht an ihr rumfummeln und sowieso vorher Mark E. kontaktieren.

Gruß

Christopher

 

[Wotan_88]

Hi Christopher,

leider konnte ich mir sie heute noch nicht genau anschauen, aber gestern Abend scheint sie nicht geblutet zu haben. Ich habe so eben Mark E. angeschrieben und hoffe, dass er mir einen weiteren Ratschlag geben kann.

Grüße
Kevin

 

[TommyDXB]

Hallo Kevin,

ich denke du kannst es so lassen.
Mein smithi Weibchen hatte mal das selbe Problem...hat ein paar Häutungen gedauert doch danach war wieder alles wie vorher!
Sicherheitshalber solltest du natürlich nochmal kontrollieren ob es nicht doch wieder/noch blutet.

MfG

 

[Wotan_88]

Hallo Tommy,

nach deiner Antwort und nachdem mir Mark E. dazu geraten hat, alles so zu lassen wie es ist, werde ich nun die nächste Häutung abwarten. Geblutet hat das Tier bis jetzt nicht.

Ich werde euch auf dem laufenden halten, sobald sich etwas verändert.

Vielen Dank und viele Grüße
Kevin

 

[theraphosa71]

Sollte ich das machen?

Auf keinen Fall und wenn ich mir nur dieses Zitat ansehe solltest du die Site nicht mehr besuchen.^^

 

[Wotan_88]

Auf keinen Fall und wenn ich mir nur dieses Zitat ansehe solltest du die Site nicht mehr besuchen.^^

Das was dort beschrieben wird, habe ich bereits auch in einigen "Fachbüchern" gelesen. Auch in vielen Foren wird darüber gesprochen. Trotzdem würde ich mir so etwas nicht zutrauen. Und ich traue dem Urteilsvermögen einiger Leute hier inzwischen mehr, als dem von Autoren sog. "Fachbücher".

Gruß
Kevin

 

[MilesSmiles]

Mal angenommen das es diese Sollbruchstellen gäbe, dann hätte dein Tier sich glaube ich doch eher selbst dem eingehakten bein entledigt...

 

[Wotan_88]

Mal angenommen das es diese Sollbruchstellen gäbe, dann hätte dein Tier sich glaube ich doch eher selbst dem eingehakten bein entledigt...

Genau das glaube ich nämlich auch

 

[theraphosa71]

Die "Sollbruchstellen" gibt es und diese auszunutzen ist oft ein guter Weg. Aber dann sollte man wissen wie es geht.
Und da hapert es beim Verfasser des oben zitierten Unsinns gewaltig. Das fängt schon damit an das er nicht einmal weiss wo die "Sollbruchstelle" sitzt. Diese befindet sich zwischen Trochanter und Coxa.
Allerdings leitet man die Autotomie nicht ein indem man wie dort beschrieben an dem Tier rumquetscht und zerrt. Das Bein wird am Femur mit der Pinzette gefasst und mit leichtem Druck festgehalten,den Rest macht das Tier dann selbst.
Ich habe versucht mir diese Seite etwas genauer anzuschauen,weit bin ich nicht gekommen. DAS ist eine der schlechtesten Seiten die ich überhaupt je gesehen habe.

 

[MilesSmiles]

Aber wieso hat das von dir mit dem schönen Wort Autotomie benannte Verhalten nicht eingesetzt, bzw. in welcher Situation wenn nicht dieser kommt es denn zum tragen?

 

[BenM]

Aber wieso hat das von dir mit dem schönen Wort Autotomie benannte Verhalten nicht eingesetzt, bzw. in welcher Situation wenn nicht dieser kommt es denn zum tragen?

autotomie wenden die tiere dann an, wenn die verletzung zu schwerwiegend ist um selbst ab zu heilen..
du darfst ganz beruhigt davon ausgehen, dass die meisten spinnen wissen, was sie tun, wenn sie sich selbst autotomieren..

wegen nix wird ´ne spinne garantiert kein bein abwerfen..
offensichtlich macht ihr die "verletzung" keine probleme, warum also dann "weg machen"??

edit:

auf dem bild sieht es für mich so aus, als hätte sie lediglich ´nen tarsus verloren..
in etwa so "schwerwiegend", als wenn du dir beim gemüse häckseln ´ne fingerkuppe absäbelst..
amputierst du dir deshalb gleich das ganze bein??

7 tarsen (oder 14 tarsalklauen..) zum klettern und rumeiern hat sie doch noch,
die "auswirkungen" dieses fehlenden tarsus dürfte das tier wenig bis gar nicht tangieren..

edit 2

hier mal was von mir von ´ner anderen seite zum thema "autotomie"..

Kapitel V

was ist autotomie, und wie funktioniert sie??

nun, als autotomie bezeichnet man das bewusste, gezielte „abwerfen“ einzelner gliedmaßen, nicht nur bei vogelspinnen..
auch einige säugetierarten sowie reptilien sind zur autotomie fähig..

gibt es eine genaue stelle an der dies geschieht?
ja. fast immer wird das bein zwischen dem ersten beinglied (coxa) und dem zweiten beinglied
(trochanter) abgeworfen..
diese stelle ist aus verschiedenen anatomischen gründen für die abtrennung prädestiniert..
auch rein mechanisch gesehen ist das coxa-trochanter-gelenk das schwächste glied in der kette..

Wie schafft es eine Spinne, ohne großen Aufwand ihr eigenes Bein abzutrennen?
um die autotomie einer extremität einzuleiten, greift die spinne zu recht brutalen methoden..
mit einer heftigen kippbewegung reißt sie die coxa nach oben, das gesamte restliche bein dient dabei als bewegungsloses widerlager.. durch eine ausgleichsbewegung des trochanters bauen sich auf der oberseite des gelenkspaltes enorme Spannungen und scherkräfte auf wodurch die vergleichsweise dünne intersegmentalhaut, die die massiven chitinröhren der einzelnen beinabschnitte gelenkig miteinander verbindet, reißt..
da sich durch das coxa-trochanter gelenk nur ein einziger, schlanker muskel (m. Gracilis) zieht, reißt dieser von seiner ansatzstelle am trochanter ab und schnallzt wie ein gummiband in die tiefe des coxastumpfes zurück..
die im inneren des stumpfes befindlichen sieben muskeln docken an verdickten chitinspangen (sklerite) an..
durch kontraktion dieser muskeln wird die verbliebene intersegmentalhaut gedehnt, die sklerite werden aneinander gepresst wie zwei müllschluckerklappen und verschließen so die wunde..
durch den hydraulischen überdruck im inneren spinnenkörper wölbt sich die intersegmentalhaut nach außen, dadurch werden die ränder der sklerite mit den dort ansetzenden muskeln zusätzlich zusammengepresst..

kleinere lecks werden durch die dickflüssige hämolymphe abgedichtet, die an der luft trocknet und gerinnt..
dadurch verkleben die beiden wundränder miteinander und lassen sich nicht mehr voneinander lösen.. die kontraktion der muskeln ist daher in diesem stadium nicht länger erforderlich..
dieser ganze mechanismus läuft so rasch ab, dass die spinne bei der autotomie nur vernachlässigbar wenig hämolymphe verliert..

wie wird ein abgeworfenes bein regeneriert?
die regeneration ist ein hormonell gesteuerter prozess, der einer „alles-oder-nichts“-gesetzmäßigkeit unterliegt..
eine regeneration findet nur dann statt, wenn die autotomie im ersten bis zweiten viertel der zeitspanne bis zur nächsten häutung stattgefunden hat, autotomien zu einem späteren zeitpunkt führen zu keiner regeneration in diesem häutungszyklus..
schlimmstenfalls muss die spinne bis zur übernächsten häutung, also zwei häutungen lang, abwarten bis sie dann endlich wieder über ihr volles beinrepertoire verfügt..
bei erwachsenen spinnen findet keine häutung und damit auch keine regeneration mehr statt, eine ausnahme bilden die vogelspinnen (theraphosidae)..
sie sind die methusalems unter den spinnen, im terrarium können weibliche tiere mehr als 20 Jahre alt werden..
die weibchen von brachypelma smithi erreichen in gefangenschaft häufig sogar ein alter von 25 bis 30 jahre.. die männchen aller vogelspinnenarten sind deutlich kurzlebiger.. da die haare einer spinne hochkomplexe sinnesorgane sind über die sie ihre umwelt wahrnimmt, häuten sich vogelspinnen im unterschied zu anderen spinnen auch noch im erwachsenen zustand (ein- bis zweimal jährlich, im hohen alter alle zwei jahre) um den mechanischen verschleiß auszugleichen..
bei der regeneration muss sich das neue bein im Inneren des verbleibenden coxastumpfes entwickeln (wo auch sonst?!), daher ist es stark gefaltet und nach der häutung deutlich kürzer und dünner als das ursprüngliche bein..
spätestens nach der dritten häutung hat das bein aber wieder seine normalen maße.. jahuu

 

[MilesSmiles]

Das ist dochmal Bereicherung.Danke

 

[Wotan_88]

Danke Ben, für diesen sehr ausführlichen und informativen Beitrag!

Gruß
Kevin

 

[sm82]

auf dem bild sieht es für mich so aus, als hätte sie lediglich ´nen tarsus verloren..
in etwa so "schwerwiegend", als wenn du dir beim gemüse häckseln ´ne fingerkuppe absäbelst..
amputierst du dir deshalb gleich das ganze bein??

Hi Ben,

wenn überhaupt würde ich in dem Fall eher überlegen, mir den ganzen Arm zu amputieren... Das Bein wegen einer entfernten Fingerkuppe zu amputieren, erscheint mir ebenfalls zu martialisch...

"Klugscheißer -Modus off"

Ich weiß, Du verstehst Spaß

Dein Beitrag war ansonsten TOP

LG

Steffen

 

[Wotan_88]

Hallo Leute,

das Tier hat sich inzwischen (erfolgreich) gehäutet:



Der Tarsus wurde also komplett regeneriert!

Vielen Dank noch mal für Eure Unterstützung!

Grüße
Kevin